Pressemitteilung der Kampagne für Saubere Kleidung Deutschland e.V.: Angriff auf Gewerkschaftsrechte in Sri Lanka: Sri Lankische Arbeiter*innen der Lanka Leather Fashion kämpfen für ihr Recht auf gewerkschaftliche Organisierung

Berlin, 14.09.2023. Seit mehr als drei Jahren kämpfen die Beschäftigten von Lanka Leather Fashion in Sri Lanka dafür, dass ihre Gewerkschaft von der Betriebsleitung anerkannt wird. Das 1982 gegründete Unternehmen ist eines der ältesten in der Freihandelszone Katunayake und befindet sich in deutschem Besitz. Die Geschäftsführung ist stolz darauf, einer der größten asiatischen Hersteller der berühmten deutschen Trachtenlederhosen zu sein. Mit Beginn des Oktoberfests macht die Kampagne für Saubere Kleidung auf die Situation vor Ort aufmerksam und solidarisiert sich mit den Arbeiter*innen vor Ort. Als Fachbetrieb für hochwertige Lederbekleidung zählt das Unternehmen Hugo Boss zu seinen namhaften Kunden.

Doch trotz des Qualitätsanspruchs in der Produktion von hochwertigen Lederwaren, finden die Arbeiter*innen der Fabrik Arbeitsbedingungen vor, die für ein Unternehmen in deutscher Hand fassungslos machen. Im Dezember 2020 forderten sie von der Unternehmensleitung eine kostenlose Mahlzeit am Tag, wie es in der Richtlinie des Präsidenten von Sri Lanka vorgesehen ist. Dies lehnte die Geschäftsführung ab. Da sie keine andere Möglichkeit fanden, ihre Forderungen vorzubringen, beschlossen die Arbeiter*innen, sich zu organisieren und Mitglieder der Free Trade Zone & General Services Employees‘ Union (FTZ&GSEU) zu werden. Ab diesem Zeitpunkt wandte die Unternehmensleitung eindeutig gewerkschaftsfeindliche Praktiken an. Um die Gründung einer Gewerkschaft auf Betriebsebene zu verhindern, setzte sie kurzerhand selbst einen  Betriebsrat ein. Darüber hinaus zwang sie im März 2021 den Gewerkschaftsorganisator, seinen Rücktritt einzureichen, und auch der Schatzmeister der Gewerkschaft wurde entlassen, ohne die im nationalen Gesetz vorgeschriebene Vorankündigung oder ein Disziplinarverfahren.  Nachdem die Gewerkschaft ihre Führung neu besetzt hatte, wurden der neu gewählte Gewerkschaftsvorsitzende und zwei weitere Gewerkschaftsmitglieder im September 2022  unter Vorwänden suspendiert.

FTZ&GSEU ergriffen bisher mehrere Maßnahmen, um diesem gewerkschaftsfeindlichen Verhalten von Lanka Leather Fashion entgegenzuwirken. Gemeinsam mit der Kampagne für Saubere Kleidung hat die FTZ&GSEU eine Beschwerde beim Bündnis für nachhaltige Textilien gegen Hugo Boss eingereicht. Als Marke muss Hugo Boss sicherstellen, dass seine Zulieferer die ILO-Kernarbeitsrechte einhalten, darunter die Vereinigungsfreiheit und die wirksame Anerkennung des Rechts auf Tarifverhandlungen (ILO-Konventionen 87 und 98). Die Arbeitnehmer*innen brachten deutlich zum Ausdruck, dass sie von ihrer Stammgewerkschaft gegenüber der Unternehmensleitung vertreten werden wollen. Ihr Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren, wurde auch von dem lokalen Arbeitsministerium Sri Lankas anerkannt. Das Unternehmen Lanka Leather Fashion muss Arbeitsrechte garantieren!

Auf nationaler Ebene haben die Beschäftigten in der Bekleidungsindustrie Sri Lankas die Hauptlast der finanziellen und politischen Krise zu tragen, in der sich das Land seit über 1,5 Jahren befindet.  Hohe Inflation und Währungsabwertung und der seit Jahren stagnierende Mindestlohn (zurzeit 46€) treiben die Beschäftigten in die Armut, während die Regierung und die Unternehmen ihr Recht auf gewerkschaftliche Organisierung ignorieren. Da die Regierung zur Zeit Änderungen der Arbeitsgesetze und Maßnahmen  zur Umschuldung von Staatsschulden durchpeitscht, wobei sie den  Sozialversicherungsfonds der Arbeiter*innen ins Visier nimmt, werden  den Textilarbeiter*innen in Sri Lanka weitere grundlegende Rechte  und Schutzmaßnahmen gegen ein Leben in Armut vorenthalten.

Anton Marcus, Co-Sekretär der Free Trade Zones & General Service Employees Union in Sri Lanka, erklärt: „Die Vorschläge der Regierung und das Verfahren zur Überarbeitung des Arbeitsrechts verstoßen gegen internationale Normen für menschenwürdige Arbeit und drohen einen Abwärtswettlauf bei den Arbeitnehmer*innenrechten auszulösen. Nur ein inklusiver, transparenter und demokratischer Prozess, an dem alle relevanten dreigliedrigen Interessengruppen beteiligt sind, kann zu Ergebnissen führen, die für die Beschäftigten akzeptabel sind und den internationalen Normen entsprechen.“

Die Kampagne für Saubere Kleidung fordert deshalb gemeinsam mit der FTZ&GSEU, dass Lanka Leather Fashion die Branchengewerkschaft anerkennt und den Verhandlungsprozess mit ihr beginnt. Gleichzeitig muss die Geschäftsleitung von gewerkschaftsfeindlichen Aktivitäten absehen und die Anschuldigungen gegen die neu gewählten Gewerkschaftsfunktionäre fallen lassen.

 

Hintergrundinformationen

Webartikel: Angriff auf Gewerkschaft in Sri Lanka: Arbeiter*innen der Lanka Leather Fashion kämpfen für ihr Recht auf gewerkschaftliche Organisierung

Report „Unpicked Fashion and FOA“ vom Business and Human Rights Ressource Center

Solidaritätserklärung zur Krise in Sri Lanka auf www.saubere-kleidung.de

Sri Lanka Themenseite auf www.saubere-kleidung.de

 

zur Originalpressemitteilung auf www.saubere-kleidung.de

 

Beitragsbild: © Clean Clothes Campaign